Praxis der Achtsamkeit
Es gibt grundsätzlich vier Möglichkeiten, zu üben und Erfahrungen mit Achtsamkeit zu machen:
- Formale Praxis: Man nimmt sich vor, z.B. drei Minuten oder auch länger eine spezielle Praxis auszuüben. Sie entspricht dem Üben von Tonleitern beim Erlernen eines Instuments. Sie sind Voraussetzung dafür, später ein ganzes Musikstück spielen zu können. So geht es auch bei der “Melodie der Achtsamkeit” letztlich darum, sie im Alltag zu singen.
- Informelle Praxis: Man führt eine Tätigkeit, die man auch sonst ausführen würde, in einer Haltung der Achtsamkeit aus, wie Kochen, Geschirrspülen, Zähneputzen, eine Stiege hinaufgehen etc.
- Ein Tag der Achtsamkeit: An diesem Tag wechseln z.B. wärend sieben Stunden formale und informelle Praxis einander ab.
- Retreats sind Zeiten des Rückzugs, in denen man sich an einem geschützten, meist stillen Ort, ausschließlich der Praxis widmen kann. Dies kann ein Wochenende, zehn Tage, ein oder sechs Monate oder auch ein längerer Zeitraum sein.
Die Praxis dient insgesamt dazu, die Achtsamkeit als Lebensstil ins Leben zu integrieren, indem man auf achtsame Weise für sich selbst und andere sorgt. Er beinhaltet die Kultivierung der “vier himmlischen Verweilzustände” – Wohlwollen (Liebende Güte), Gleichmut, Mitgefühl und Mitfreude – ebenso wie Selbstmitgefühl und achtsame Selbstfürsorge.
1. Formale Praxis der Achtsamkeit
- Achtsamkeit in Ruhe mit verschiedenen Anweisungen
- eine einfache Anleitung zu Achtsamkeit
- Atembeobachtung, Atemzüge zählen
- Benennen, Fließbandübung u.a.
- Body-Scan
- “Drei-Minuten-Atem-Raum”
- und andere, wie z.B. Körperempfindungen wahrnehmen, “wahllose Bewusstheit”
- Achtsamkeit in Bewegung
- z.B. achtsames Stehen, achtsames Gehen, Yoga, Stretching, Tanz
- Achtsamkeit zu zweit, in der Dyade
- z.B. mit dem anderen atmen
sich selbst und den anderen wahrnehmen, gemeinsam atmen
- z.B. mit dem anderen atmen
- Achtsamkeit in der Gruppe
- z.B. geführte Übungen, Gruppenaustausch oder in einem Retreat
- Achtsamkeit für Kinder
- Metta Meditation für Kinder (Pagode Phat Hue)
2. Informelle Praxis der Achtsamkeit (Integration von Achtsamkeit in den Alltag)
- Achtsame Aktivität
- z.B. achtsames essen, Zähne putzen, abspülen
achtsames Essen als Möglichkeit Dankbarkeit zu kultivieren – Die sieben Arten des Hungers nach Bays
- z.B. achtsames essen, Zähne putzen, abspülen
- Strukturierte Übungen zum Innehalten
- z.B. innehalten, bewusst zwei Atemzüge nehmen
allein oder in Kontakt mit jemandem anderen - STOP-Übung
- z.B. innehalten, bewusst zwei Atemzüge nehmen
- Kontemplation
- z.B. bewusstes Lesen von Gedichten, in der Natur sein, Musik hören
3. “Tag der Achtsamkeit”
- Eine Möglichkeit der Gestaltung: How to do a Mindful Retreat
4. Retreats
- Es gibt viele Orte, an die man sich zurückziehen und unter fachkundiger Anleitung Achtsamkeit praktizieren kann.
- Beispiele sindBenediktushof – Zentrum für Meditation und Achtsamkeit
- Meditationszentrum Beatenberg in der Schweiz
Buddhistisches Zentrum Scheibbs in Niederösterreich - Vipassana Zentren wie das Meditationszentrum in Kärnten
European Institute of applied Buddhism (Thich Nhat Hanh) in Waldbröl - Plum Village in der Dordogne im Südwesten Frankreichs (Thich Nhat Hanh) [dt. Beschreibung]
Weitere Übungen mit einem speziellen Fokus um bestimmte Fähigkeiten, Zustände und Haltungen zu schulen
- Disidentifikationsübung (Zeuge-Übung)
- “Morgenübung” (spüren-hören-schauen, d.h. geteilte Aufmerksamkeit innen-außen)
- “Rotierende Aufmerksamkeit” mit der Variante der 5-4-3-2-1-Methode
Aufmerksamkeit fokussieren und wieder weiten
Fokussierung auf den Raum - Fragen zur Aufmerksamkeitslenkung (Ruhe- und Entspannnungs-Induktion)
- “Liebende Güte Meditation”
- Mitgefühl und Empathie (Übung für Menschen in helfenden Berufen, z.B. Psychotherapeuten)
- Den Fußsohlen die Aufmerksamkeit schenken – Meditation of the Soles of the Feet [pdf]
Online-Kurse zu Achtsamkeit
Eine Geschicht, die verdeutlicht, wie man Dankbarkeit kultivieren kann, ist die eines italienischen Conte:
Dieser Graf wurde sehr sehr alt, weil er ein Lebensgenießer par excellence war. Er verließ niemals das Haus, ohne eine Hand voll Bohnen einzustecken. Er tat dies, um die schönen Momente des Tages bewusst wahrzunehmen und sie besser zählen zu können. Für jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte – zum Beispiel: einen fröhlichen Plausch auf der Straße, das Lachen einer Frau, ein Glas guten Weines – für alles, was die Sinne erfreut, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Abends saß er zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Tasche. Er zelebrierte diese Minuten. So führte er sich vor Augen, wie viel Schönes ihm an diesem Tag widerfahren war und freute sich. Sogar wenn er bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen – es hatte sich zu leben gelohnt!
Die Geschichte ist u.a. zu finden bei Luise Reddemann und in Burkhard A (2010) Achtsamkeit – Entscheidung für einen neuen Weg: Meditationsübungen für Praxis und Alltag. Stuttgart: Schattauer.
Unterstützende Apps, Computerprogramme und Zeitgeber
- 7Mind-App (7×7 Minuten-Kurse zur Einführung in die Achtsamkeitspraxis von Paul J Kohtes; wiss. Begleitung T. Esch) (kostenlos)
- Dbt112 (App ergänzend zu einer Dialektisch Behavioralen Therapie)
- Oxford MBCT
- Brightmind (App von Shinzen Young)
- Meditation Timer (kostenlos)
- Zenso (Meditation Timer, kostenlos)
- Buddhas Brain (Rick Hanson, kostenpflichtig)
- Headspace
- Equanimity (Timer and Tracker, kostenpflichtig)
- Salubrion Enso Timer [link]
Tests, Artikel zu Aps
- Stress reduzieren: Meditations-Apps im Test der Stiftung Warentest (17. Mai 2023)
- Mit Meditations-Apps zur inneren Ruhe (Techniker Krankenkasse, 19. August 2022)
- Free Mindfulness Apps Worthy of Your Attention. Artikel von Kira M. Newman & J. Ho vom 1. Dezember 2022
- What Does Headspace Want? Artikel von KM Newman vom 24. Oktober 2017
- Sag dem Stress „Leb wohl“: Die besten Meditations-Apps im t3n-Kurztest (2016). Beiträge zu 7Mind, Buddhify, Headspace, Calm, Zazen Meditation Timer, Stop-Breath-Think