Messung von Achtsamkeit und Selbstmitgefühl

Die Vielzahl von Messinstrumenten zur (Selbst)Einschätzung von Achtsamkeit verdeutlicht die Vielfalt der Konstrukte von “Achtsamkeit” bzw. deren Facettenreichtum. Zur Messung von Selbstmitgefühl wurde die Self-Compassion Scale entwickelt.

CHIME – Comprehensive Inventory of Mindfulness Experiences

Deutschsprachiger Selbsteinschätzungs-Fragebogen mit 37 Fragen zu folgenden Unterskalen:

  1. Gewahrsein gegenüber inneren Erfahrungen
  2. Gewahrsein gegenüber äusseren Erfahrungen
  3. Bewusstes Handeln, Gegenwärtigkeit
  4. Annehmende, nicht-urteilende, mitfühlende Haltung
  5. Nicht-reaktive, dezentrierte Orientierung
  6. Offene, nichtvermeidende Haltung
  7. Relativierung
  8. Einsichtsvolles Verstehen
  • Quelle: Bergomi C, Tschacher W, Kupper Z (2014)
  • [download]
  • Verkürzte Formen (24 und 16 Items mit je 3 bzw. 2 Fragen pro Domain): Karl JA, Ribeiro L, Bergomi C. et al. Making it Short: Shortening the Comprehensive Inventory of Mindfulness Experiences Using Ant Colony Optimization. Mindfulness 15, 421–434 (2024). https://doi.org/10.1007/s12671-024-02302-z

FFA – Freiburger Fragebogen zur Achtsamkeit

  • 20 Fragen, bezieht sich auf ein Achtsamkeitskonstrukt der Vipassana-Meditation mit folgenden Charakteristika: Aufmerksamkeit, Urteilslosigkeit, Gegenwärtigkeit, Nicht-Identifikation, Prozesshaftigkeit, Neutralität, Akzeptanz, Ganzheitlichkeit, Nicht-Oberflächlichkeit, Absichtslosigkeit, einsichtsvolles Verstehen, Anfängergeist und abnehmende Reaktivität (Walach et al 2004) [onlineversion], (Heidenreich et al 2006) [CrossRef]
  • Weiterentwicklung: Online-Studie mit dem FMI-14 an 150 Frauen mit und 169 Frauen ohne Meditationserfahrung (Kohls, Sauer & Walach 2009) führte zu zwei Faktoren: Präsenz und Akzeptanz [CrossRef]

MAAS – Mindfulness Attention Awareness Scale

  • Selbsteinschätzung der Tendenz, im Alltag aufmerksam, und sich der gegenwärtigen Erfahrung gewahr zu sein. Die 15 Fragen beziehen sich auf ein Ein-Faktoren-Konstrukt von Achtsamkeit. Die MAAS beschränkt sich auf negativ gepolte Items. Sie erfasst damit letztlich Unaufmerksamkeit bzw. Unachtsamkeit; deren Gegenpol wird dann mit Achtsamkeit gleichgesetzt (Brown & Ryan 2003) [CrossRef]
  • Deutsche Adaptation (Kobarg 2007) [pdf-download]
  • Kommentar von P.Grossman (2011) [CrossRef]

KIMS – Kentucky Inventory of Mindfulness Skills

39 Fragen zur Selbsteinschätzung von vier Elementen: Beobachten, Beschreiben, bewusstes Handeln, Akzeptieren ohne zu beurteilen. Basiert im Wesentlichen auf dem Achtsamkeits-Konzept der DBT und bezieht sich auf Achtsamkeit im Alltag und auf Menschen ohne Meditationserfahrung (Baer et al 2004) [CrossRef]

TMS – Toronto Mindfulness Scale

Der TMS liegt ein Konstrukt von Achtsamkeit als Zustand mit zwei Faktoren zugrunde: Dezentrierung als ein Bewusstsein für die eigene Erfahrung mit einer gewissen Distanz und Disidentifikation, anstatt sich mit Gedanken und Emotionen zu überidentifizieren; und als Neugier: eine Haltung, mehr über die eigenen Erfahrungen erfahren zu wollen. (Bishop et al 2002, Lau et al 2006) [pdf-download] (Davis, Lau & Cairns 2009) [CrossRef] [Link zur TMS-State im Handbook of Assessment in Mindfulness Research]

Die Toronto Mindfulness Scale-Trait Version (Trait TMS) ist ein 13 Items umfassendes 2-Faktoren-Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung individueller Unterschiede in der dispositionellen Achtsamkeit, das von der zuvor validierten State Version des TMS übernommen wurde. [Link zur TMS-Trait im Handbook of Assessment in Mindfulness Research]

CAMS-R – Cognitive and Affective Mindfulness Scale-Revisted

Die ursprüngliche Form (CAMS) bezieht sich auf ein eindimensionales Konstrukt von Achtsamkeit und erhebt in 12 Fragen Aufmerksamkeit, Gewahrsein, Fokus auf die Gegenwart, Akzeptanz/Nicht-Bewerten (Feldman et al 2007) [CrossRef]

FFMQ – Five Facet Mindfulness Questionnaire

Aus fünf anderen Fragebögen (MAAS, FMI, KIMS, CAMS, MQ) wurden fünf Facetten von Achtsamkeit konstruiert: (1) Nicht-Reagieren auf innere Erfahrung, (2) Beobachten, Bemerken, Aufmerksamkeit gegenüber Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen, (3) automatisches Handeln vs. bewusstes Handeln, Konzentration, Nicht-Ablenkbarkeit, (4) Benennen, Beschreiben, Etikettieren mit Worten, (5) Nicht-Bewerten von Erfahrungen (Baer et al 2006) [CrossRef] (Baer et al 2008) [CrossRef] (Van Dam, Earleywine & Danoff-Burg 2009) [CrossRef]

AMPS – Applied Mindfulness Process Scale

Selbsteinschätzungsfragebogen mit 15 items zu drei Bereichen der Anwendung von Achtsamkeit: Decentering, Regulation positiver Emotionen und Regulation negativer Emotionen. Entwickelt von E. Garland und D. S. Black (2016). [Link zum AMPS im Handbook of Assessment in Mindfulness Research]

Er ist konstruiert für Teilnehmer von achtsamkeitsbasierten Interventionen. Die Instruktion lautet: “Everyone gets confronted with negative or stressful events in daily life, and people who practice mindfulness experience these events in different ways. Please indicate how often you have used mindfulness in each of the following ways for the period of the last week (past 7 days).”

AAQ – Acceptance and Action Questionnaire

EQ – Experiences Questionnaire misst “Decentering”

PHLMS – Philadelphia Mindfulness Scale

20 Items, zweidimensionale Skala : “Present moment awareness” und “acceptance” (Cardaciotto et al 2008) [CrossRef]

SMQ – Southampton Mindfulness Questionnaire

16-items, Selbsteinschätzung des achtsamen Umgangs mit belastenden Gedanken und Bildern (Chadwick et al 2008) [PubMed] (Weiterentwicklung des MQ – Mindfulness Questionnaire von Chadwick et al 2005)

MEQ – Mindful Eating Questionnaire

(Framson et al 2009) [PubMed][Framson et al 2009 download]

LMS – Langer Mindfulness Scale

21-item Fragebogen als Training, zur Selbst-Erforschung und als Forschungsinstrument. Vier Dimensionen: novelty-seeking, engagement, novelty producing, and flexibility (Pirson, Langer et al)

MBRP-AC – Mindfulness-Based Relapse Prevention – Adherence and Competence Scale

Messung der Adhärenz und Kompetenz der Gruppenleiter, die das MBRP-Programm durchführten (Chawla, Collins, Bowen et al 2010) [PubMed]

MPQ – Mindfulness Process Questionnaire

Achtsamkeit als Prozess, im Gegenatz zum Ergebnis, das in anderen Fragebögen erfragt wird (Erisman & Roemer 2011) [CrossRef]

CEDMI – Carolina Empirically Derived Mindfulness Inventory

Kombination ausgewählter Items aus dem FFMQ und der DERS ( Difficulties in Emotion Regulation Scale), die auf die Messung der Komponenten der Aufmerksamkeit und der Akzeptanz abzielt und von Auswirkungen der Achtsamkeit abgrenzt und somit einer engeren, “sparsameren” Definition der Achtsamkeit folgt (Coffey et al. 2010) [CrossRef]

SOFI – Self-Other Four Immeasurables

Messung von Liebender Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut (Metta, Karuna, Mudita, Upekkha) auf dem Hintergund des Buddhistischen Konzepts (Kraus & Sears 2009) [CrossRef]

Die Skala nennt unterschiedliche Begriffe, deren Vorhandensein als Gedanken, Gefühl oder Handlung gegenüber sich selbst bzw. anderen in der letzten Woche auf einer fünfteiligen Skala eingeschätzt wird (very slightly or no at all – a little – moderately – quite a bit – extremely). Diese Begriffe beziehen sich auf die “vier unermesslichen” Zustände (loving kindness, compassion, joy, equanimity) und deren nahen und fernen “Feinde”: friendly – hateful – angry – joyful – accepting – cruel – compassionate – mean.

[Link zum SOFI im Handbook of Assessment in Mindfulness Research]

AJS – Appreciative Joy Scale

14 Fragen zur Erhebung von “Mitfreude” (appreciative bzw. sympathetic joy). In der Publikation von Zeng et al (2017) sind die Fragen für Freunde formuliert (AJS-F), im Sinne der Stufen der Metta-Meditation, mit sich selbst bzw. Personen einzusteigen, denen man wohlwollend begegnet:

Der AJS besteht aus drei Faktoren: „sense of joy“, der das Gefühl der Freude für andere erfasst; „positive interpersonal bias“, der die Wertschätzung der Tugenden anderer widerspiegelt; und „self-transcendence“, der die Fähigkeit beschreibt, auch in sich selbst schwierigeren Situationen anerkennende Freude zu empfinden und eine nicht neidische Haltung widerspiegelt.

Beispiele für Fragen (Übersetzung MEH):

  • Ich kann mich über die Erfolge meiner Freunde aufrichtig freuen.
  • Wenn ich an einen Freund oder eine Freundin denke, kommen mir als erstes ihre positiven Eigenschaften in den Sinn.
  • Wenn ich sehe, dass der Wunsch eines Freundes oder einer Freundin endlich in Erfüllung geht, habe ich oft das Gefühl: “Wie schön ist das”.
  • Mir fallen immer die vielen kleinen Aufmerksamkeiten meiner Freunde auf.
  • Ich kann am Glück meiner Freunde teilhaben, auch wenn ich schlechte Zeiten durchmache.

Equanimity Scale

Die ES-16 hat zwei Unterskalen: (1) Erfahrungsbezogene Akzeptanz: Eine Haltung, die nicht versucht, sich gegen die Erfahrung zu wehren oder an ihr festzuhalten, und die Akzeptanz aller inneren Erfahrungen (Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen usw.) beinhaltet. (2) Nicht-Reaktivität: Nicht-Reaktivität auf Erfahrungen, die eine Anhaftung oder Abneigung gegenüber diesen Erfahrungen (z. B. Gedanken, Gefühle) verhindert, oder Fähigkeit, eine zuvor erlernte Reaktion auf diese Erfahrungen zu hemmen.

Rogers HT, Shires AG & Cayoun BA (2021) Development and Validation of the Equanimity Scale-16. Mindfulness, 12(1), 107–120. https://doi.org/10.1007/s12671-020-01503-6

Website von Cayoun [download]

Interpersonal Mindfulness Questionnaire (IMQ)

Der Fragebogen zur interpersonalen Achtsamkeit (Interpersonal Mindfulness Questionnaire, IMQ) zielt darauf ab, Achtsamkeit als eine verkörperte Reihe von Fähigkeiten zu operationalisieren, die auf alle zwischenmenschlichen Dynamiken anwendbar sind. Auf der Grundlage des theoretischen Konzepts der verkörperten (embodied) und eingebetteten (embedded) Achtsamkeit operationalisiert der IMQ zwischenmenschliche Achtsamkeit in vier verschiedenen Dimensionen, die jeweils eine Reihe von Fähigkeiten oder Fertigkeiten darstellen, die durch Training und Praxis kultiviert werden können. Diese in 19 Fagen zu zwischenmenschlichen Interaktionen erhobenen Dimensionen sind: (1) körperlich verankerte Präsenz, (2) Aufmerksamkeit und Gewahrsein der anderen Person, (3) achtsames antworten (responding), (4) Gefangensein im eigenen Denken bzw. bzw. Unabhängigkeit davon (detachment from the mind).

Beispiele für Items (Übersetzung MEH)

  • (Faktor 1) Ich bin mir meiner Körperhaltung bewusst, während ich mit der anderen Person interagiere; ich achte auf meine Körpersprache, wenn ich mit einer anderen Person spreche; ich bemerke meine körperlichen Empfindungen, wenn ich mit einer anderen Person interagiere
  • (Faktor 2) Ich achte auf den Gesichtsausdruck der anderen Person; ich bemerke Veränderungen im Tonfall der anderen Person; ich bemerke die Reaktionen der anderen Person
  • (Faktor 3) Ich reagiere mit Freundlichkeit auf die andere Person; ich reagiere auf die andere Person, ohne zu beurteilen, was sie sage; ich berücksichtige die Meinung der anderen Person, wenn ich ihr antworte
  • (Faktor 4) Ich bleibe in meinen Gedanken stecken, wenn ich mit der anderen Person plaudere; ich bin in meinem Kopf, während ich mich mit der anderen Person unterhalte; ich denke viel nach, während ich mit der anderen Person spreche; ich kritisiere die andere Person, wenn ich nicht mit ihr übereinstimme

Interpersonal Mindfulness Scale (IMS)

Um die Auswirkungen von Achtsamkeit in Beziehungen besser zu verstehen, schlugen die Autoren das Konstrukt der interpersonellen Achtsamkeit vor – Achtsamkeit, wie sie während zwischenmenschlichen Interaktionen auftritt. Subskalen sind: Präsenz, Gewahrsein von sich Selbst und dem/der anderen, nicht wertende Akzeptanz und Nicht-Reaktivität.

Übersicht und Kritik zur Messung von Achtsamkeit

Freiburger Fragebogen zur Achtsamkeit (FFA)

nach N. Buchheld (2000)

Selbstbeurteilungsfragebogen mit 30 Items wobei die Vipassana Meditation zur Analyse und Operationalisierung des Konstrukts “Achtsamkeit” diente.

Beispielhafte Fragen

  • Achtsame Gegenwärtigkeit (Aufmerksamkeits-Komponente)
    • Ich bin im Kontakt mit meinen Erfahrungen, hier und jetzt
    • Wenn ich merke, dass ich abwesend war, kehre ich sanft zur Erfahrung des Augenblicks zurück
  • Nicht-wertende Akzeptanz (Haltungs-Komponente)
    • Ich akzeptiere mich so wie ich bin
    • Ich kann mich selbst wertschätzen
  • Annehmen von Empfindungen (Wahrnehmungs-Komponente)
    • Ich nehme wahr, wie sich meine Gefühle im Körper ausdrücken
    • Ich spüre auch in unangenehme Empfindungen hinein
  • Prozesshaftes, einsichtsvolles Verstehen („innere Distanz“)
    • Ich betrachte Dinge aus mehreren Perspektiven
    • Ich achte auf die Motive meiner Handlungen
    • Ich kann darüber lächeln, wenn ich sehe, wie ich mir manchmal das Leben schwer mache
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